Julia Irmen wird souverän Europameisterin
Die Europameisterschaften in Guimaraes/Portugal vom 26. bis 30. November 2008 wurden im Leichtkontakt von Russland dominiert. Russland setzt schon seit Jahren erfolgreich ein universelles Kickboxen um und kann sich zudem unter Profibedingungen auf den Jahreshöhepunkt vorbereiten. Das Ergebnis ist eindeutig. Sieben Goldmedaillen in vierzehn Gewichtsklassen. Umso erfreulicher für Deutschland ist, dass Christian Pohl und Julia Irmen ihre russischen Gegner ausschalten konnten. Neben Fabian Fingerhut gehörten die beiden zu den stärksten deutschen Kämpfern. Das deutsche Team erkämpfte einen fünften Platz in der Nationenwertung.
Der erste Kampf mit deutscher Beteiligung war allerdings wenig erfolgreich. Viktor Hait (-74kg) startete zwar stark, musste jedoch in jeder Runde gegen Ende viele Punkte abgeben. Ein ausgeglichener Kampf wurde zu seinem Nachteil entschieden. 2:1 Kampfrichterstimmen zugunsten von Ivo Furrer aus der Schweiz. Auch Jessica Heimann (-55kg) hatte in ihrem ersten Kampf das Nachsehen. Jessica gab alles verlor aber letztendlich gegen eine zu starke Dorota Gozina aus Polen. Stefanie Kemper (-70kg) musste sich in ihrem ersten Kampf Lilia Zaidvlova aus Russland stellen. Stefanie fightete zwar bis zum Schluss, ihre gefürchteten Kicks zum Kopf kamen jedoch nicht wie gewohnt. Trotz einer starken letzten Runde konnte sie den Punktevorsprung der Russin nicht mehr aufholen. Yamille Castillo Preuß (-50kg) traf in ihrem ersten Kampf auf die mehrfache Weltmeisterin Reka Krempf aus Ungarn. Diese stellte von Anfang an klar, wer hier den Kampf machen wird. Yamille versuchte bis zum Ende alles, fand aber nicht die geeigneten Mittel. Auch Melanie Pflüger (-65kg) musste sich einer Ungarin geschlagen geben. Bojana Dancsecs ließ Melanie wenige Möglichkeiten, ihre Stärken erfolgreich ins Ziel zu bringen. Immer wieder setzte sie Melanie überfallartig unter Druck und bestimmte den Kampf. Obwohl Melanie vieles versuchte, konnte sie sich gegen die starke Ungarin nicht durchsetzen. Mike Höfer (-89kg) hatte gegen den sehr starken Alexander Solovev aus Russland das Nachsehen. Mike gestaltete in Runde zwei und drei den Kampf ausgeglichen, doch der Russe wusste seine Reichweitenvorteile geschickt zu nutzen. Am Ende unterlag Mike Höfer knapp nach Punkten.
Auch Arsim Demusi (-69kg) ist im ersten Kampf ausgeschieden. Dabei hatte es Arsim selbst in der Hand. Gegen Kevin Meunier aus der Schweiz gestaltete er einen ausgeglichenen Kampf. Erst in der letzten Runde entschied der Schweizer den Kampf mit einem sehenswerten Kopftreffer zum 2:1 Kampfrichterstimmen für sich. Mehr Glück hatte dagegen sein Vereinskollege aus Siegen Massut Haqparast (-63kg). Er besiegte den Rumänen Oprea Nicusor deutlich nach Punkten. Massud kämpfte taktisch hervorragend und lies sich auf keinen längeren Schlagabtausch ein. Er konterte seinen Gegner geschickt aus und holte auch im Vorwärtsgang wertvolle Punkte. Auch im zweiten Kampf zeigte Massud eine sehr souveräne Leistung. Ihm gegenüber stand ein äußerst unordotox kämpfender Stuard Larson aus England gegenüber. Der Engländer setzte sich zwar letztendlich durch, aber Massud Haqparast bewies, dass er im Kickboxen eine große Zukunft wird. Bis ins Viertelfinale kämpfte sich Giovanni. Er besiegte Yasir Celik aus der Türkei deutlich mit 3:0 Kampfrichterstimmen. Dabei ließ Giovanni nichts anbrennen. Er traf mit seinen Kicks zum Körper und zum Kopf und war auch im Boxen der bessere Kämpfer. Gegen den Polen Michal Wetzlak fand Giovanni dagegen nie richtig in den Kampf. Der Pole zeigte zu Beginn viel Respekt, legte diesen dann aber von Minute zu Minute mehr ab und setzte Giovanni unter Druck. Mit drei Kopftreffern kämpfte sich der Pole einen Punktevorsprung heraus dem Giovani hinterher lief. Er versuchte zwar alles und konnte noch einige Punkte gut machen, doch der Pole war clever genug seinen Vorsprung über die Zeit zu retten.
Christian Pohl gewinnt die Bronzemedaille
Christian Pohl (-79kg) besiegte im Viertelfinale Zeljan Jesic aus Kroatien klar nach Punkten. Anschließend lieferte er dem Russen Sergey Farelov einen packenden Kampf. Die Punkteführung wechselte dauernd, was beide Seiten viele Nerven kostete. Letztendlich gewann Christian aufgrund einer enormen Steigerung in der dritten Runde, in der er mit seinen Kicks zum Kopf mehrere Treffer landen konnte. Im Halbfinale wartete dann der mehrfache Weltmeister Zoltan Dansco aus Ungarn auf ihn. Die erste Runde entschied Christian für sich. Er bewegte sich gut und machte viele Punkte. Durch die zunehmende Härte des Ungarn ab der zweiten Runde drehte der Kampf. Die Kampfrichter unternahmen nichts gegen das Vollkontaktkickboxen, so dass Zoltan Dansco den Schüler von Peter Zaar förmlich überrannte. Christian versuchte zwar gegen zu halten, zeigte sich auch technisch und taktisch mindestens gleichwertig. Am Ende konnte er sich gegen die Härte des Ungarn nicht mehr behaupten. Christian Pohl beendete das Turnier mit einer herausragenden Leistung und einer verdienten Bronzemedaille.
Fabian Fingerhut wird Zweiter
Seinen ersten Sieg auf dem Turnier feierte Fabian Fingerhut (-89kg) gegen den Portugiesen Pedro Correia. Schnell erarbeitete sich Fabian ein großes Punktepolster, welches er bis zum Schluss kontinuierlich ausbauen konnte. Auch in der nächsten Runde war Fabian seinem Gegner in allen Belangen überlegen. Der Pole Rafak Alexadrowicz konnte die erste Runde zwar noch etwas mithalten, doch ab der zweiten Runde bot Fabian einen super Kampf. Fabian ließ keinen Zweifel aufkommen, wer hier als Sieger die Matte verlassen würde. Er traf mit seinen Kicks und Händen nach belieben und sicherte sich überlegen das Halbfinale. Dort wartete nun der amtierende Weltmeister Gavin Williamson aus Großbritannien. Dieser kämpft äußerst unbequem und unorthodox. Mit unfairen Mitteln versuchte der Engländer den Kampf zu verzögern. Er ließ sich fallen und simulierte eine Verletzung um Fabian aus den Rhythmus zu bringen. Fabian behielt dagegen seine klare Linie und lag eine Minute vor Schluss knapp in Führung. Der Engländer gab den Kampf auf. Das Finale hat Fabian Fingerhut gegen Ildar Gabbasov aus Russland leider verloren. Fabian kam mit dem Stil des Russen nicht zurecht. Dieser bewegte sich zu gut und punktete stark mit seiner Führhand. In der letzten Runde kam Fabian zu Beginn noch einmal und konnte den Vorsprung verringern. Doch als auch der Russe legte noch einmal zu und entschied den Kampf. Fabian Fingerhut sicherte sich auf der Europameisterschaft eine verdiente Silbermedaille.
Julia Irmen holt überragend Gold
Julia Irmen besiegte zu Beginn Lilia Sharapova aus Russland. Obwohl die Russin immer wieder gefährlich wurde, konnte Julia ihr den eigenen Kampfstil aufzwingen und den Sieg souverän sichern. Im nächsten Kampf gegen Gaia Tintori aus Italien ließ Julia ebenfalls nichts anbrennen. Julia bestimmte zu jedem Zeitpunkt das Kampfgeschehen und punktete die Gegnerin mit ihren schnellen Hand- und Fußtechniken aus. Auch Radivic Tamara auch Slowenien bereitete Julia wenig Probleme. Drei Runden lang ließ die Deutsche der Gegnerin nicht den Hauch einer Chance und zog überlegen ins Finale ein. Dort wartete dann eine alte Bekannte. Gegen die Ungarin Klara Morton gab es in der Vergangenheit schon Siege und Niederlagen. An diesem Tag sollte die glückliche Gewinnerin aus Deutschland kommen. Julia bestimmte den Kampf von Anfang an, musste sich aber vom Axtkick der Ungarin in acht nehmen. Mit den schnellen Angriffen der Deutschen kam die Ungarin dagegen nicht zurecht. Die Ungarin versuchte zwar mit ihren Kicks die Distanz zu halten, aber Julia kämpfte clever und ergriff immer wieder die Initiative. Kurz vor Ende wurde es dann doch noch einmal spannend. Völlig überraschend bekam Julia einen Minuspunkt, was drei Trefferpunkte Abzug bedeutete. Für zwei der drei Kampfrichter gab es dennoch keinen Zweifel. Die bessere und damit die verdiente Siegerin konnte nur Julia Irmen heißen.
Die Bundestrainer Peter Zaar und Martin Albers bescheinigten dem deutschen Team sehr gute bis herausragende Leistungen auf den Europameisterschaften 2008, auch wenn die drei erreichten Medaillen leicht unter dem Erwartungen blieben. Auch Kai Becker löste seine Aufgabe als Deutscher Kampfrichter hervorragend. Wie schon in den Jahren zuvor, gehörten die Deutschen Kampfrichter immer zu den Besten auf den internationalen Turnieren.
Text:Martin Albers / Fotos: Werner Sossna